Friedrichsfelde wird 750 Jahre alt. Ein Buch erzählt Geschichten und die Geschichte rund um den Ort und das Schloss

#1 von Nordlandfan38 , 03.02.2015 23:10

Lustschloss eines niederländischen Abenteurers
Friedrichsfelde wird 750 Jahre alt. Ein Buch erzählt Geschichten und die Geschichte rund um den Ort und das Schloss
Von Sabine Flatau

Das Buch "Friedrichsfelde – Der Ort. Das Schloss. Die Geschichte" ist aus Anlass eines Jubiläums herausgegeben worden. Vor 750 Jahren, im April 1265, wurde der Ort zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt. Allerdings hieß er damals noch Rosenfelde. Das reich bebilderte Buch enthält Texte mehrerer Autoren. Sie erzählen Geschichten aus dem Schloss, den Lebenslauf von Persönlichkeiten, die im Schloss oder Ort lebten oder damit in Verbindung waren. Und spannen von Friedrichsfelde immer den Bogen zur großen deutschen, preußischen oder europäischen Geschichte, zu den beteiligten Königshäusern und Adelsfamilien.
Erwähnt ist aber auch, sogar gleich im ersten Kapitel, der DDR-Dramatiker Heiner Müller, der 14 Jahre lang in einem nahe gelegenen Plattenbau wohnte. Das Buch enthält eine Anekdote, die Jan Josef Liefers über diese Wohnung erzählt.

Hausherr fiel in Ungnade
Ausführlich ist das Leben des niederländischen Abenteuerers Benjamin Raule (1634–1707) geschildert, der sich von Bau- und Gartenkünstlern aus seiner Heimat ein kleines Lustschloss mit Garten in Rosenfelde bauen ließ. Raule, der Reeder und Kaufmann war, kaperte schwedische Schiffe im Auftrag des Kurfürsten Friedrich Wilhelm. In Rosenfelde feierte er rauschende Feste. Er fiel schließlich in Ungnade. Das Schloss gehörte fortan der Krone.
1699 ließ Kurfürst Friedrich III. den Ort in Friedrichsfelde umbenennen. Markgraf Albert Friedrich von Brandenburg-Schwedt ließ das Schloss erweitern und umbauen. 1772 wurde in Friedrichsfelde der preußische Prinz Louis Ferdinand geboren, der später für seinen Wagemut berühmt wurde. Er wuchs im Schloss auf, zusammen mit seiner Schwester Luise, der späteren Fürstin Radziwill. Die Lebensgeschichte der beiden ist ausführlich beschrieben. Von 1800 bis zu ihrem Tod 1811 war Katharina von Holstein-Beck die Schlossbesitzerin. Sie ließ das Dach und die Giebel verändern und führte, so heißt es im Buch, ein luxuriöses Leben mit großen Festen. Zar Alexander I. besuchte sie 1805 im Schloss. Geschildert ist auch die Zeit Napoleons, in der französische Truppen durch Friedrichsfelde zogen und sich im Schloss einquartierten.

Im 19. Jahrhundert wurden Schloss und umgebendes Gelände an die Familie von Treskow verkauft. 1862 und 1870 war Theodor Fontane zu Gast im Schloss. Letzter privater Schlossherr war Sigismund von Treskow (1864–1945). 1880 verkaufte die Familie 25 Hektar des nördlichen Gutsgeländes an die Stadt. Dort wurde 1881 der Zentralfriedhof Friedrichsfelde eröffnet, der später zur Begräbnisstätte deutscher Linker wurde, darunter Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Weitere 80 Hektar des Grundbesitzes der Treskow-Familie in Karlshorst wurden an den Verein für Hindernisrennen veräußert, der auf dem Gelände eine elegante Rennbahn nach französischem Vorbild errichtete. Das Schloss Friedrichsfelde blieb Ort für Bälle, Feste und Familientreffen. Sigismund von Treskow wurde Landrat von Niederbarnim. Er blieb Junggeselle. Sein Neffe, der Chefdramaturg am Schauspielhaus unter Gustaf Gründgens wurde, war 1913 in Friedrichsfelde und beschrieb in seinen Erinnerungen "die ungewöhnlich harmonischen Maße der Innenarchitektur, die jedem Zimmer die Anmut eines Saales, und jedem Saal die Gemütlichkeit eines Zimmers gaben."

Von Treskow erlaubte den öffentlichen Zugang zum Park, bis auf einen kleinen privaten Bereich. Zur Freude der Kinder, die auf den Hügeln des Parks rodelten und auf dem Schlossteich Schlittschuh liefen. Sigismund von Treskow war gegen Ende des Zweiten Weltkriegs 80 Jahre alt. Im Buch heißt es: "Das Schloss wurde beschlagnahmt. Der Schlossherr wurde mit einem Koffer vor die Tür gesetzt." Er kam bei Verwandten unter und starb im Mai 1945.

Schloss Friedrichsfelde wurde bis September 1945 zum Depot für beschlagnahmte Kunstschätze aus Berliner Museen, die dort verpackt und nach Moskau geschickt wurden. Auch wertvolle Möbel, Bilder und Bücher aus dem Schloss gingen auf die Reise und gelten seither als verschollen. Das Schloss wurde 1947 zum Erholungsheim für Bauarbeiter ausgebaut. Im Park entstanden Sportflächen.

Käfige für Löwen und Affen
1954 wurde der Grundstein für den Tierpark gelegt. Erhalten blieb der Treskowsche Familienfriedhof, inmitten des Tierparkgeländes. Im Schloss verschwanden mehr und mehr die historischen Elemente wie Stuck, Reliefs und und Deckenbemalungen. In den Geschossen wurden Käfige für Tiger, Löwen und Affen aufgestellt – auf die Parkettböden. Das Gebäude verfiel im Laufe der Jahre immer weiter, der Dachstuhl musste schließlich wegen Einsturzgefahr abgenommen werden.

Tierparkdirektor Heinrich Dathe setzte sich für die Sanierung des Schlosses ein. 1981 konnte das Gebäude als Museumsschloss öffentlich zugänglich gemacht werden. Im Buch ist ein Brief zitiert, den Dathe im Mai 1989 an den Senior des Familienverbandes von Treskow schrieb. Darin heißt es: "Ich hatte mich beim Betreten des Parks, als ich die Leitung übernahm, in das Schloss verliebt, und es findet allgemein Anerkennung in der Bevölkerung. Die Denkmalpflege hat sich auch viel Mühe gegeben, es schmuck auszustatten."

2009 wurde das Schloss an den Tierpark übertragen. Betreuung und Veranstaltungsorganisation übernahm der Förderverein. Im gleichen Jahr begannen Sanierungsarbeiten an der Außenfassade und im Inneren. 2012 waren die Arbeiten beendet. Seit 2010 findet alljährlich ein Schlossfest statt. Konzerte und Tanzveranstaltungen stehen auf dem Programm.

Beim Lesen der Texte wird deutlich, wie eng und engagiert die Autoren mit dem Schloss und dem Ort verbunden sind. Geschrieben wurden die Beiträge von Thomas Ziolko und Olaf Lange vom Förderverein Tierpark und Zoo, dem Historiker Rüdiger von Treskow, dem Herausgeber Klaus-Dieter Stefan und dem 2014 verstorbenen Architekten Ernst Wipprecht.

"Friedrichsfelde – Der Ort. Das Schloss. Die Geschichte", Klaus-Dieter Stefan (Herausgeber), Hendrik Bäßler Verlag Berlin, 252 Seiten, 21,95 Euro
Quelle:
http://www.morgenpost.de/printarchiv/berlin/article137049563/Lustschloss-eines-niederlaendischen-Abenteurers.html

N.

 
Nordlandfan38
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